Vor 85 Jahren terrorisierten Männer der SA und SS in ganz Deutschland ihre jüdischen Mitbürger*innen. Gezielt demütigten, misshandelten, vergewaltigten, verletzten oder töteten sie in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Dabei griffen sie über 1.400 Synagogen und Bethäuser an und verwüsteten ca. 7.500 Geschäfte, Häuser und Wohnungen. Infolge der Pogrome wurden über 30.000 Juden für mehrere Wochen und Monate in Konzentrationslager verschleppt. SA und SS töteten mehr als 1.300 Jüd*innen während der Pogrome oder in den Konzentrationslagern.
Mit brutaler Deutlichkeit offenbarte die sogenannte Reichspogromnacht, dass der Antisemitismus und Rassismus der Nationalsozialisten sich nicht darauf beschränken würde, deutsche Jüd*innen zu diskriminieren und zu schikanieren. Auch wenn die Shoah, der millionenfache Mord an europäischen Jüd*innen, 1938 noch nicht abzusehen war, ließ der 9. November kaum einen Zweifel darüber, dass die Nationalsozialisten bei ihrer rücksichtslosen Verfolgung jüdischen Lebens nicht vor Gewalt zurückschreckten und den Tod jüdischer Menschen bewusst in Kauf nahmen.
Vor einem Monat griffen Hamas und Islamischer Dschihad mit tausenden Raketen Israel an. Kämpfer beider Terrorgruppen überquerten am 7. Oktober zu Lande, Wasser und Luft die israelische Grenze und versuchten, möglichst viele Jüd*innen zu töten. Während ihres gezielten Massakers an israelischen Zivilist*innen zogen sie brandschatzend durch die grenznahen Gebiete, demütigten und vergewaltigten. Innerhalb weniger Stunden töteten sie mehr als 1.400 Menschen in ihren Häusern, auf der Straße oder bei einem Musik-Festival und verschleppten mindestens 240 Geiseln in den Gaza-Streifen. Dieser tödliche und brutale Angriff verfolgte das Ziel, Menschen in Israel in Angst und Schrecken zu versetzen.
Schon vor den terroristischen Angriffen vom 7. Oktober war Antisemitismus in Deutschland trauriger Alltag. Das Attentat von Halle, die Attacke auf den Hamburger Landesrabbiner vor dem Rathaus, der Spaten-Anschlag vor der Synagoge in der Hohen Weide oder der Angriff auf einen Teilnehmer einer Mahnwache gegen Antisemitismus zeigten exemplarisch, dass wir nicht die aufgeklärte und weltoffene Gesellschaft sind, für die wir uns gern halten.
Nach diesem Angriff ist die Bedrohungslage für Jüd*innen in Deutschland nochmal massiv gestiegen. Kam es zuvor immer wieder zu antisemitischen Vorfällen auf Demonstrationen, erleben wir nun, wie der Terror und die vielen Toten gefeiert und gerechtfertigt werden.
Als Jugendverbände widersprechen wir allen, die zu antisemitischer oder antizionistischer Gewalt aufrufen oder diese rechtfertigen. Es gibt keine Rechtfertigung für die Gewalt und den Terror, die von der Hamas und dem Islamischen Dschihad ausgehen. Antisemitismus ist in keiner Form zu tolerieren – auch nicht unter einem israelkritischen Deckmantel.
Unser Mitgefühl gilt daher allen Angehörigen der Getöteten und Verschleppten und allen weiteren Betroffenen. Solidarisch zeigen wir uns auch allen, die in Deutschland wieder zum Ziel von Anfeindungen oder Angriffen werden.
In der aktuellen Lage denken wir außerdem an die zivile Bevölkerung im Gaza-Streifen, deren Leid ihre terroristische Führung zynisch einkalkulierte, und geben die Hoffnung auf eine friedliche Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts nicht auf.
Nach 1945 bündelte sich unsere Verantwortung, uns gegen Antisemitismus und Rassismus einzusetzen und zu positionieren, in der Forderung: Nie wieder!
„Nie wieder“ ist jetzt! Gegen jede Form von Antisemitismus – heute, morgen und immer!