Jugendverbände sind zu fördern! Für ein qualitätsorientiertes Instrument öffentlicher Förderung. [Beschluss der Diözesanversammlung 2016]

Das deutsche Jugendhilfesystem unterscheidet seinem Strukturprinzip nach zwischen öffentlichen und freien Trägern. Dabei sind Aufgaben subsidiär und daher vorrangig an freie Träger zu vergeben: das sichert eine Vielfalt an Wertorientierungen, Inhalten, Methoden und Arbeitsformen.

Die Jugendverbandsarbeit nimmt hierbei eine besondere Stellung ein: „In Jugendverbänden und Jugendgruppen wird Jugendarbeit von jungen Menschen selbst organisiert, gemeinschaftlich gestaltet und mitverantwortet. Ihre Arbeit ist auf Dauer angelegt […]. Durch Jugendverbände und ihre Zusammenschlüsse werden Anliegen und Interessen junger Menschen zum Ausdruck gebracht und vertreten.“[1]

Deswegen heißt es im Gesetz auch ganz deutlich: „Die eigenverantwortliche Tätigkeit der Jugendverbände und Jugendgruppen ist […] zu fördern.“ Es handelt sich hierbei nicht um gönnerhafte staatliche Leistungen oder eine freiwillig in Zeiten voller Kassen gewährte Förderung, sondern um eine kommunale Pflichtaufgabe.[2]

Der Anspruch auf eine auf Dauer angelegte Förderung besteht auch, weil die Arbeit in Jugendverbänden auf Perspektive hin, nicht vom Bestand aus zu denken ist: Förderanlass ist dementsprechend nicht in erster Linie etwa die Anzahl der bislang schon erreichten Personen, Maßnahmen oder Teilnahmetage, sondern die perspektivischen Angebote.

Bisherige Förderinstrumente[3] bringen in Beantragung, Abrechnung und Prüfung einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich. Die Organisation und Verwaltung von Jugendverbänden geschieht aber ehrenamtlich, selbstorganisiert und freiwillig. Sie muss deshalb frei von bürokratischen Hemmnissen sein, damit sich die Engagierten auf ihre eigentliche Tätigkeit konzentrieren können.

Die gegenwärtigen Förderinstrumente sind jedoch rein quantitativ orientiert – sowohl was die Förderung konkreter Maßnahmen angeht, als auch die Beurteilung der Reichweite öffentlich geförderter Angebote der Jugendverbandsarbeit im Rahmen der Jugendarbeitsstatistik[4]. Eine solche rein quantitative Art der Erhebung ist nicht in der Lage, alle Merkmale von Jugendverbandsarbeit abzubilden: Politisches Engagement, langfristiges Verantwortung-Übernehmen, Partizipation und Demokratie lernen, non-formale Bildung und Kompetenzerwerb können nicht in Teilnahmetagen gemessen und sollten ebenfalls in den Blick gerückt werden, z.B. durch qualitative Erfassungsmethoden[5].

Wir setzen uns deswegen für eine Weiterentwicklung der Instrumente der öffentlichen Förderung für Jugendverbände ein, welche folgende Anforderungen berücksichtigt:

  • Der Aufwand für die Beantragung und Abrechnung von Fördermitteln muss so gering wie möglich sein.
  • Eine Förderung muss die Existenz, den Bestand und das eigenständige Gestalten von Jugendverbänden stärker in den Blick nehmen. Hierfür ist eine pauschale Förderung der Jugendverbandsarbeit notwendig, um eine kontinuierliche Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu gewährleisten.
  • Die Erhebung der Leistung von Jugendarbeit kann sich nicht nur an Zahlen orientieren, sondern muss auch ihre langfristige und nachhaltige Wirkung im Blick haben.

Ein Beispiel für solche pauschalen Fördersummen und auch die Betrachtung langfristiger Wirkungen stellen die Fachbezogene Pauschale und der Wirksamkeitsdialog dar, wie sie in NRW bereits praktiziert werden. Mit solchen pauschalen Fördersummen wird dem Anliegen des Rechtsanspruchs auf Förderung gemäß SGB VIII, § 12 entsprochen.

 


[1] Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch (VIII) Kinder- und Jugendhilfe – §12 Förderung der Jugendverbände, Abs. 2.
[2] „Jugendverbände sind zu fördern!“ Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner, Prof. Dr. Christian Bernzen und Melanie Kößler. Deutscher Bundesjugendring 2013.
[3] Landesförderplan „Familie und Jugend“ in der Fassung vom 17.7.2012 in Hamburg bzw. Richtlinien für die institutionelle Förderung der auf Landesebene anerkannten Jugendverbände in Schleswig-Holstein.
[4] Statistik der öffentlich geförderten Angebote der Kinder‐ und Jugendarbeit.
[5] Ein Beispiel hierfür ist der Wirksamkeitsdialog in Nordrhein-Westfalen. Vgl. LJR NRW (Hrsg.). Mitwirkung mit Wirkung – Der Wirksamkeitsdialog des Landesjugendrings NRW. Düsseldorf, 2015.

By | 2016-05-15T00:39:06+02:00 Februar 21st, 2016|aktiv, Beschluss, politisch|0 Comments