Mit 22 Messerstichen ermordete der Neonazi Friedhelm Enk am 28. Mai 1981, am Himmelfahrtstag, seinen homosexuellen Kameraden Johannes Bügner an einer Feldmark bei Stemwarde.
Johannes Bügner war Anfang 1980 aus Bärenbach im Hunsrück nach Hamburg gezogen. In Hamburg schloss sich der 25-Jährige rechtsextremen Kreisen an und wohnte nach mehreren Umzügen in der Liegnitzer Straße im Stadteil Jenfeld. Er arbeitete zunächst als Angestellter bei der Innenbehörde, bevor er als Wachmann bei einem Sicherheitsdienst tätig wurde.
Bügner und der unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassene Unteroffizier Enk gehörten beide zur sogenannten Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS), einer 1977 in Hamburg von Michael Kühnen gegründeten neonazistischen Organisation. Am 21. Mai 1981 wurden Bügner und ein weiterer homosexueller Kamerad in einer sogenannten „Intern Information Nummer 2“ aufgefordert, „mit sofortiger Wirkung jeglichen Kontakt zu nationalen Leuten, Kameraden und Organisation abzubrechen“. Andernfalls wisse man, sich vor „solchen Elementen“ zu schützen.
Enk verbrachte den Feiertag gemeinsam mit seinen ANS-Kameraden Michael Frühauf, Willi Wegner sowie den Zwillingsbrüdern Olaf und Torsten König in Wegners Altonaer Wohnung. Im Laufe des Tages beschlossen Frühauf und Enk, an Bügner ein Exempel zu statuieren. In der Stammkneipe der ANS, dem Can Can am Spadenteich in St. Georg, erkundigten sie sich telefonisch, ob Bügner im Lokal sei.
Gegen 20:30 Uhr kamen die fünf Männer in St. Georg an und Enk erkundigte sich im Can Can nach Bügner, dem er bis dahin nicht persönlich begegnet war. Bei einem Bier erzählte er Bügner von einem Brief Kühnens, dem er ihm übergeben wolle. Enk drückte auch die Hoffnung aus, die durch die „Info 2“ entstanden Unstimmigkeiten im Gespräch mit Frühauf aus der Welt zu schaffen. Auf Bügners Vorschlag, dass Frühauf sich einfach im Can Can mit ihm unterhalten könne, erklärte Franz Lothar Babiarcyk-Wrobel, der als „Nazi-Lothar“ bekannte Kneipenwirt, dass Frühauf wegen dieser „Info“ Hausverbot habe. Bügner verließ daraufhin mit Enk die Bar und setzte sich zu Frühauf und Olaf König in ein Auto. Zu viert fuhren sie mit Thorsten Königs Ford Capri über die Autobahn Richtung Lübeck, bis Enk vorgab, austreten zu müssen. Daraufhin hielten sie an einer Feldmark bei Stemwarde. Als auch Bügner die Gelegenheit zum Urinieren nutzte, schlug Enk ihn mit zwei Fautschlägen zu Boden. 21 mal stach er auf Bügner ein: 14 mal in den Rücken und siebenmal in die Brust. Weil Bügner immer noch röchelte, schnitt er ihm die Kehle durch. Auf Enks Anweisung hin versteckten Frühauf und König die Leiche in einem Straßengraben. Nachdem sie Willi Wegner und Torsten König am Hauptbahnhof eingesammelt hatten, beendeten die fünf Männer den Tag, wie sie ihn begonnen hatten: feuchtfröhlich in Wegners Wohnung.
Als am nächsten Tag ein Mofa-Fahrer Bügners Leiche fand, ging die Polizei zunächst von einem „gewöhnlichen“ Verbrechen im Zusammenhang mit einer Vatertagstour aus. Am 29. Mai ging allerdings auch Frühauf mit zwei Anwälten zur Polizei und meldete den gemeinschaftlichen Mord. Noch am selben Tag nahm die Polizei die beteiligten fünf Männer fest. Die Lübecker Staatsanwaltschaft informierte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe über den Fall. Diese machte jedoch von der Möglichkeit, die Ermittlungen auf sich zu ziehen, keinen Gebrauch – obwohl das Oberlandesgericht Celle 1979 im Urteil des sogenannten „Bückeburger Prozesses“ zur Ansicht gekommen war, dass die ANS als Nachfolgeorganisation der NSDAP angesehen werden müsse.
Am 19. April 1982 begann der Prozess gegen Friedhelm Enk, Michael Frühauf, Willi Wegner sowie Olaf und Torsten König vor dem Lübecker Landgericht. Vor Gericht distanzierte sich der in Haft sitzende Michael Kühnen von dem Mordanschlag und bestritt, ihn in Auftrag gegeben zu haben. Michael Frühauf wiederum gab sich als V-Mann des Verfassungschutz zu erkennen.
Am 3. Juni 1982 verurteilte das Gericht die Hauptangeklagten Enk und Frühauf wegen gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen. Anders als die Staatsanwaltschaft vertrat das Gericht der Überzeugung, dass allein Enk und Frühauf den Plan zur Ermordung Bügners fassten. Die übrigen drei Angeklagten seien nach Ansicht des Gerichts lediglich davon ausgegangen, dass Bügner „eins vor die Schnauze haben sollte.“ Olaf König erhielt eine Jugendstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung und sein Zwillingsbruder Thorsten wurde wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt. Willi Wegner verurteilte das Gericht zu einem Jahr und sechs Monaten Haft, da er im Gegensatz zu den Zwillingsbrüdern „kein unbeschriebenes Blatt“ sei und zur Tatzeit noch unter Bewährung stand.