In dieser Zeit entscheiden wir, wie wir zukünftig leben. Es geht um nichts weniger als unsere Grundordnung!
- Viele Menschen sind aus ihrer Heimat geflohen und zu uns nach Deutschland gekommen. Niemand hat es verdient, fliehen zu müssen. Deswegen müssen wir uns ehrlich einer Diskussion stellen, welche Fluchtursachen auch durch unseren häufig unreflektierten eigenen Lebensstil und Wohlstand mitverursacht sind. Der Kampf gegen Armut sowie das Bemühen um menschenwürdige Lebensbedingungen weltweit bleibt daher unsere christliche Aufgabe.
- Doch die Debatte um den Umgang mit geflüchteten Menschen hat Deutschland in den letzten Monaten stark polarisiert. In diesen Tagen wird versucht, Einstellungen, die wir in den letzten Jahrzehnten nur vom rechten Rand unserer Gesellschaft kannten, wieder salonfähig zu machen. Dahinter stehen einerseits Ängste vor einer Verschlechterung der eigenen finanziellen und sozialen Situation. Andererseits sehen wir oft auch einen fehlenden Willen und Mut, veränderten gesellschaftlichen Umständen mit Offenheit zu begegnen.
Das Leben in unserem Land.
- Das Leben in unserem Land ist geprägt von dem Recht, die eigene Meinung zu sagen; von dem Recht, mitzubestimmen und sich zu beteiligen; von einem Sozialstaat, der BürgerInnen in allen Lebensbereichen gerechte Chancen garantieren soll.
- In einer Demokratie gibt es kein „Wir, das Volk“ gegen „die da oben“: Wir sind Teil einer pluralen Gesellschaft, in der verschiedenste Ideen, Strömungen und Organisationen miteinander um den besten Weg für die Gesellschaft diskutieren – jede und jeder hat dabei die Möglichkeit, das Recht und auch die Pflicht, sich einzubringen.
- Wir widersprechen Demagogen und Hetzern des rechten Randes, die die Werte unserer verfassten Demokratie in Frage stellen und deren Institutionen delegitimieren. Wer mit Polemik den sozialen Frieden sabotiert, gefährdet unser rechtsstaatliches Zusammenleben! Wir treten voller Überzeugung für eine freiheitliche, demokratische Grundordnung und für das Rechtsstaatsprinzip ein.
Wer Ausgrenzung mit christlichen Werten begründet, lügt!
- Besonders schockiert es uns, wenn Beleidigungen, Beschimpfungen, Hass und Gewalt mit der Verteidigung christlicher Werte, des sog. „christlichen Abendlandes“, begründet werden. In vielen politischen Fragen kann es unter Christinnen und Christen unterschiedliche Auffassungen geben. Diese Vielfalt findet definitiv dort ihre Grenze, wo politische Auffassungen die Achtung vor der menschlichen Person, die Gleichheit aller Menschen und die soziale Gerechtigkeit in Frage stellen oder verletzen.
- Unser Selbstverständnis als katholische Jugendverbände schließt eine Gleichgültigkeit gegenüber oder gar eine Sympathie mit rechtsextremen oder rechtspopulistischen Positionen in jeder Hinsicht aus! Wir lassen nicht zu, dass im Namen unseres Glaubens Menschen ausgegrenzt und angefeindet werden.
- Widerstand gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus ist für uns als Christinnen und Christen Pflicht und Auftrag! Jeder Mensch besitzt eine unveräußerliche Würde, die durch den Staat und jede und jeden Einzelnen zu schützen ist.
Wir brauchen mehr Europa, nicht weniger!
- Es wird derzeit wieder der Wert eines geeinten Europas diskutiert. Manche Gruppierung setzen auf nationale Lösungen. Sie vergessen den Wert eines geeinten Europa und dessen Werte, Frieden, Freiheit, Demokratie und Zusammenwachsen der Staaten. Keine Generation vor uns erlebte ein geeinteres und offeneres Europa: weitestgehend in Frieden, mit offenen Grenzen, mit wachsendem Wohlstand. Die großen Herausforderungen werden wir nur europäisch bewältigen! Statt zunehmender nationaler Abschottung muss es deswegen weitergehen zu einem noch stärker geeinten Europa.
Wer scheinbar einfache Lösungen anbietet, hat deswegen noch lange nicht recht!
- Bei vielen herrscht ein generelles Misstrauen gegenüber politischen EntscheidungsträgerInnen und den Medien. Zeitungen wie die „Junge Freiheit“ tragen dazu bei, dieses Misstrauen zu verbreiten. Diese Einstellungen werden von rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien und Organisationen, wie beispielsweise der „AfD“ und „PEGIDA“ verstärkt. Diese diskreditieren Parteien und Medien gezielt, spielen so bewusst mit den Sorgen, Unsicherheiten und Ängsten der BürgerInnen.
- Wir widersprechen populistischen Parolen. Diese bieten scheinbar einfache Lösungen, indem sie sich gegen einzelne Gruppen bzw. VerantwortungsträgerInnen richten. Geistige Brandstifter, die gesellschaftliche Gruppen aufwiegeln, sind für uns keine Gesprächs- und Verhandlungspartner. Trotzdem muss man sich mit ihren Positionen und dem daraus resultierenden Bild der Gesellschaft ernsthaft auseinandersetzen und aufzeigen, was solche Ideologien für unser Zusammenleben bedeuten würden: Islamfeindlichkeit stellt einen Mangel an Achtung für jedwede Form von Religiösität oder Weltanschauung dar und wendet sich gegen das Recht auf freie Religionsausübung.
- Wir erwarten von PolitikerInnen, dass sie Haltung zeigen und sich nicht populistischer Forderungen bedienen, um im Wahlkampf vermeintliche Mehrheiten zu gewinnen.
Soziale Ungleichheit ist schlecht für uns alle.
- Es gibt immer mehr Arme und zugleich immer mehr sehr Reiche. Teile der Bevölkerung fühlen sich von den politischen AkteurInnen nicht ernst genommen und wissen nicht, wem sie noch vertrauen können. Dieser Orientierungsverlust innerhalb unserer Gesellschaft begünstigt rechtsextremistische und rechtspopulistische Tendenzen. Deshalb muss das Vertrauen in die Demokratie und ihre AkteurInnen und in die sozialen Sicherungssysteme erhalten und wieder verstärkt werden, um Anti-Demokraten keine Chance zu geben.
- Solidarität und die vorrangige Option für Benachteiligte bedeutet für uns, immer wieder nach gerechten Lösungen für alle Menschen zu suchen – selbst dann, wenn dies einen Kompromiss bezüglich der eigenen Lebensstandards bedeutet. Befürchtungen von Menschen in tatsächlich prekären Lebenslagen nehmen wir gerade dadurch ernst, indem wir ökonomischen Entsolidarisierungstendenzen in unserer Gesellschaft prinzipiell entgegenwirken und uns für eine gerechte und transparente Gestaltung der sozialen Sicherungssysteme einsetzen.
Wir in den katholischen Jugendverbänden.
- In den katholischen Jugendverbänden werden christliche Nächstenliebe und Demokratie erlebbar. Menschenverachtung und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz. Als Jugendverbände sind wir selbst Garant für den Fortbestand und die Weiterentwicklung der Demokratie in Deutschland.
- Wir verpflichten uns, die politische Bildungsarbeit innerhalb unserer Verbände weiter zu fördern, um uns in der kritischen Auseinandersetzung mit den Grundlagen unserer demokratischen Gesellschaft für deren Fortbestand einzusetzen.
- Wir sehen uns in der Pflicht, in unseren Aktivitäten weiterhin den interkulturellen und interreligiösen Dialog in unserem Land zu fördern – beispielsweise im Rahmen unserer Aktivitäten, Gruppenstunden, Zeltlager sowie in allen Bereichen, in denen wir als Jugendverbände Mitverantwortung tragen.
- Internationale Jugendbegegnungen leisten einen Beitrag zur Verständigung zwischen jungen Menschen auf der ganzen Welt. Wir sehen darin die Chance, im Dialog gegenseitiges Lernen über gesellschaftliche Wertvorstellungen, politische Kulturen und Formen der Religiösität zu erreichen.
- Wir schließen jede Form der Kooperation mit Organisationen aus, die rechtsextremes und antidemokratisches Gedankengut in ihren eigenen Reihen dulden.
Beschluss des Diözesanvorstandes des Bund der Deutschen Katholischen Jugend, Erzdiözese Hamburg vom 5.9.2016, nach dem Beschluss “Wir widersprechen – weil wir glauben” der BDKJ-Hauptversammlung 2016